• Inhaltsverzeichnis
    Ruedi's Stunt
    Mit Hund und Katze den Yukon herunter
    Die Champagnerwette
    Der Silberdollar

Einen einzelnen Tag kann man nicht festhalten,
aber er kann sich in der Erinnerung tief eingraben.
 

 

Ruedi’s Stunt im Jahre 1991

(waghalsiger Rückwärtssalto aus fahrendem Boot)

Wir stehen zu viert an einer langgezogenen Kurve im Big Creek. Intensiv befischen wir einen schönen schnellfliessenden Lauf. Zwei Königslachse liegen bereits am Ufer. Wind kommt auf und ein leichter Rieselregen setzt ein. Die Moskitos sind verschwunden, dafür belästigen uns die Black Flies, eine fiese kleine schwarze Fliegenart. Diese bevorzugen windgeschützte Stellen wie:  Augenwinkel, Nasenlöcher, Mund und Gehöreingang. Das Perfide ist, dass diese nicht stechen, sondern beissen. Diese kleinen Räuber klauen dir immer ein Häppchen Fleisch. Das wiederum  kann zu schmerzhaften Infektionen führen. Jetzt wäre ein Moskitonetz wirklich von Nutzen. Um wenigstens die Ohren zu schützen, ziehe ich die Kapuze meines knallroten Sweaters hoch und schnüre sie fest.

Wir hören ein verhaltenes Motorengeräusch. Aufgrund des sich mäandernden Flusses verhallt dieses, um wenig später etwas lauter zu werden. Wir rätseln, wer das denn sein könnte. Ist es einer von unserer Gruppe oder die Aufsicht von „Fish and Game“. Abermals schwindet das Geräusch. Nachdem offensichtlich eine weitere Flussschlaufe gefahren wurde, ertönt es nun viel stärker. Kurz darauf taucht an der unteren Flusskurve  unseres Kiesbanks ein Boot in voller Fahrt auf. Nun steht fest, es ist nicht Fish and Game. Aber wer von uns ist es denn? Das Boot kommt näher. Lässig steht Ruedi „I“ (der Banker) im Heck, gibt Gas und zieht eine elegant e Schlaufe. Vorne sitzt Ruedi „II“ (ehemaliger Polizist und Fischereiaufseher). Er ist bald 80-jährig, aber immer noch fit und vif. Zwischen den Knien hält er seine Angelrute  senkrecht in die Höhe. Perfekte Haltung, alles absolut profihaft. Ruedi „I“ strahlt und beginnt plötzlich schallend zu lachen, ja er kugelt sich förmlich vor Lachen. Aber nur ganz kurz, dann verabschiedet er sich mit einem eleganten Rückwärtssalto über die Motorhaube hinweg und taucht unter. … Ruedi „II“ scheint nichts bemerkt zu haben. Er sitzt immer noch in aufrechter Haltung  und seine Hände umklammern die Rute, während das Boot seine Fahrt unbeirrt fortsetzt. Wie von Geisterhand gelenkt, dreht das Boot ab in Richtung Kiesbank. Der Antriebspropeller frisst sich in den Schlamm und Sand. In hohem Bogen wird das Abraummaterial weggeschleudert. Ein Ruck und endlich sitzt das Boot fest. Remo eilt zum Boot, stellt den Motor ab und hilft Ruedi „II“ beim Aussteigen. Verwundert dreht sich dieser um und munkelt  was von unsanfter Landung.

… Zwischenzeitlich hat Ruedi „I“ wieder den Kopf über Wasser. Die Strömung hat ihn abgetrieben. Ein Schluck Wasser wird ausgespuckt . Kaum hat er wieder Boden unter den Füssen, beginnt er erneut zu lachen. Wir helfen ihm aus dem Fluss. Durch den Taucher ist er klitschnass. Bei jedem Schritt schwappt  glucksend Wasser aus seinen Stiefeln. Ich hole Ersatzkleider aus meinem Rucksack. Diese sind zwar etwas eng, aber frisch umgezogen fühlt sich Ruedi doch bedeutend wohler. Die Lage entspannt sich und alle sind froh, dass dieser Vorfall glimpflich abgelaufen ist. Die Whiskypulle kreist. Jeder versucht, das Gesehene auf seiner Art und Weise zu schildern. Kaum sind ein paar Worte ausgesprochen, beginnt einer zu lachen und ein gemeinsames Gelächter bricht aus.

Während am Feuer die Stiefel langsam trocknen, kann uns Ruedi „I“ endlich erklären, wie es zu dieser ungewollten Stunteinlage kam. Nachdem er mich als Rotkäppchen verkleidet im Wasser stehend erblickte, war das für ihn zum Schreien komisch und soll so ulkig ausgesehen haben, dass er sich vor lauter Lachen nicht mehr halten konnte. Dabei verlor er sein Gleichgewicht. So blieb ihm nichts anderes übrig, als sich fallen zu lassen und mit diesem zirkusreifen Kunststück vom Boot zu verabschieden. Die Lehre, die ich daraus gezogen habe ist, dass ich nie mehr mit einem knallroten Kapuzen-Sweater im Wasser stehen werde.                                 Tony Martin

 

Mit Hund und Katze den Yukon herunter

Unalakleet : Bei unserem Aufenthalt im Sommer 2002 in Alaska durften wir ein seltenes Erlebnis erfahren. Eines Tages - wir kamen gerade vom Fischen zurück und sassen zu zweit gemütlich beim Apéro - kam ein Eskimo in die Wohnung und erkundigte sich nach dem Hauseigentümer. Wir teilten ihm mit, dass dieser in seinem Cabin oben am Unalakleet River sei. Schade sagte der Eskimo, denn es wolle ihn eine Frau besuchen, die den Yukon herunter gekommen sei.

Wir blickten auf das Meer hinaus und sahen weit draussen auf einer Sandbank eine Frau mit ihrem Hund herum spazieren. Nach einer Weile bestieg sie das Kanu und paddelte auf uns zu. Ich ging runter ans Meer, um ihr beim Landen behilflich zu sein. Zu meiner Überraschung sprang als erstes eine Katze aus dem Kanu. Nachdem auch die Frau rausgeklettert war, stellte sie sich als "Vicky" vor und ich nannte meinen Namen.

"Woher kommst Du?" fragte ich. Als die Antwort kam, traute ich meinen Ohren nicht: "Ich bin schon seit 44 Tage unterwegs und von Whitehorse den ganzen Yukon herunter gepaddelt. Jetzt will ich weiter nach Nome und dies dauert wohl nochmals 14 Tage." Unglaublich, dachte ich, eine Frau alleine mit Kanu, nur begleitet von Hund und Katze, von Whitehorse den Yukon herunter? Das liest man doch sonst nur in Büchern.

Inzwischen sind meine restlichen Freunde ebenfalls eingetroffen, begrüssten Vicky herzlich und sahen sie nur ungläubig an. Mit dem 4-Wheeler zogen wir das Boot aus dem Wasser und trugen ihr Gepäck zum Haus. Wir waren so begeistert, dass wir sie zum Abendessen eingeladen haben. Vicky erzählte uns, sie habe sich bis jetzt den Yukon entlang bei Indianer- und Eskimosiedlungen mit Trockenfisch verpflegt. Dann bat sie uns von dem Trockefisch zu versuchen. Es war scheusslich, schmeckte wie Lebertran, aber Vicky meinte es sei wunderbar zu essen. Nun, offenbar ist es Geschmackssache und wir freuten uns um so mehr auf unser Nachtessen.

Nach dem Essen schaute Maggy, die Frau des Hauseigentümers, vorbei und wir fragten sie, ob Vicky bei uns übernachten könne. Platz hätte es genug. Was auch immer Maggy bewog, sie war damit nicht einverstanden und gab uns zu verstehen, dass Vicky draussen beim Flugplatz ihr Zelt aufstellen soll. Damit war die Sache erledigt.

Am nächsten Morgen um 07.00 Uhr klopfte Vicky an unser Türe und wir frühstückten zusammen. "Wann sie denn weiterreisen wolle?", fragten wir sie. Sie meinte erst um Mitternacht, weil um diese Zeit das Meer am ruhigsten sei. Statt bis Mitternacht herumzusitzen schlugen wir vor, sie solle doch mit zum Fischen kommen. Sie war sofort einverstanden und wir alle verbrachten zusammen mit Hund und Katze einen wunderschönen Tag am North River. Danach haben wir noch zusammen ergiebig zu Abend gegessen und um Mitternacht trugen wir das ganze Gepäck zum Meer runter und waren beim Laden des Kanus behilflich. Sie bedankte sich sehr für unsere Gastfreundschaft und wir verabschiedeten uns herzlich. Noch lange verfolgten wir ihr Paddeln hinaus auf's Meer mit unseren Kameras, bis wir sie aus den Augen verloren haben. Wir hatten alle ein komisches Gefühl und dachten, hoffentlich geht alles gut. Das ist Alaska, so wie man es aus Erzählungen kennt.

Am nächsten Tag erfuhren wir, dass Vicky nicht sehr weit gekommen ist. Eine Welle habe den Hund über Bord gespült und sie musste wieder an Land gehen. Passiert ist nichts, sie trugen alle Schwimmwesten, Vicky, der Hund und die Katze. Einen Tag später hat sie Hund und Katze ins Flugzeug verfrachtet und nach Anchorage zu Verwandten bringen lassen. Vicky ist alleine nach Nome weiter gepaddelt. Ob sie je angekommen ist entzieht sich unserer Kenntnis. Doch wir wünschen es ihr von Herzen.                             Robi Siess

 

Die Champagnerwette

Wie wir 1996 erfahren mussten, darf am Big Creek (King Salmon) das Ufer nicht mehr betreten werden, es sei denn, dass eine Zusatzbewilligung für US-$ 100 gelöst wird. Diese Massnahme wurde ergriffen, da in den letzten Jahren zu viele Leute ihren Abfall liegen gelassen haben.

In den späten 80er und anfangs der 90er Jahre war dieser Fluss das Lieblingsgewässer für viele von uns. Was für schöne und tolle Stunden haben wir an diesem Bach erlebt, was für lustige Geschichten und wie viel Fischerlatein sind am Lagerfeuer beim Grillen von Fisch und Fleisch erzählt worden. Wie haben wir diese prächtige Tage genossen. Damals waren wir fast die einzigen Angler am Fluss, kaum ein fremdes Boot, dafür der Elch und ab und zu ein Bär.

Ich erinnere mich ganz genau an jenen Tag, als mir der zweite King noch fehlte und alle anderen bereits die „Vollpackung“ *) erreicht hatten. Kameradschaftlich wurde mir die „fängigste“ Kurve zugeteilt. Ich angelte, während die Anderen zuschauten, mir Ratschläge gaben und sich zwischendurch einen Schluck Jack Daniels gönnten. Als ich nach dem zehnten Wurf noch keinen Biss vermelden konnte, wurde von der Gruppe derjenige als mein Lehrer ausgesucht, der offensichtlich am ausgiebigsten dem Jack Daniels zugesprochen hatte. Ganz leicht schwankend nahm Franz (Gott hab ihn selig) meine Rute, stellte den Zapfen auf die richtige Höhe und meinte: „bei jedem Wurf kommt ein Fisch“. Da ich fischereilich nicht ganz unerfahren war, schien mir die Äusserung doch ein bisschen übertrieben. Um ihn aber angesichts seines Zustandes auch etwas zu motivieren, schlug ich ihm die Champagnerwette vor, nämlich: „Wenn Du beim ersten Wurf einen Lachs fängst, spendiere ich Dir in Paris eine Flasche Champagner“ (damals flog die Air France von Paris über Anchorage nach Tokio und zurück).

Franz lächelte amüsiert, wirft aus bis knapp vor die gegenüberliegende Böschung. „Da ist der Graben, da musst Du angeln“ meint er. Kaum sind diese Worte ausgesprochen taucht der Zapfen. Der Jack Daniel hat aber bereits gewisse Spuren in seiner Konzentrationsfähigkeit hinterlassen. „Rupf“ und „schloo aa“ johlt die Gruppe. Franz erschrickt dermassen, dass er wirklich anschlägt. Die Rute krümmt sich und ich darf den Rest des Drills übernehmen. Noch im Wasser entferne ich den Haken und lasse den Königslachs schwimmen. Siehst Du, fügt er lässig hinzu, „so macht man das“. – „Zufall“ sage ich, „purer Zufall“ und erneuere meine Wette.

Jetzt schwankt Franz schon etwas mehr als vorher. Der Zapfen fliegt, schwimmt 4 bis 5 Meter weit und taucht. Wieder grölt die Gruppe, Franz setzt den Anhieb … und wieder darf ich den Drill vollenden. Haken raus und den Lachs freilassen. So etwas habe ich noch gesehen: pro Wurf ein Fisch. Der Teufel reitet mich. Noch einmal erneuere ich die Wette. Wie’s weiter geht, dürfte dem aufmerksamen Leser bereits klar sein. Dritter Wurf, Biss, Gegröle, Anschlag von Franz … und ich darf drillen etc.
Auf diese Art und Weise habe ich 3 Flaschen Champagner verwettet. Dies ist weiter nicht tragisch. Denn – wenn man so einen Fischreichtum in freier Natur erleben darf, so einem Spektakel zuschauen kann, und das im Kreise gleichgesinnter Freunde, dann hat man schon sehr viel Glück. Was bleibt sind herrliche Erinnerungen an vergangene, aber unvergessliche Tage. Schlussendlich hatte ein gut 30-pfündger Königslachs Erbarmen mit mir und wir konnten die Heimfahrt in Angriff nehmen.

Übrigens wurde die Champagnerwette morgens kurz vor 06.00h auf dem Flughafen Charles-de-Gaulle in Paris eingelöst. Ben konnte irgendwo noch einen grossen Citterio-Salami und Baguettes auftreiben. Da zusätzlich noch einige weitere Flaschen spendiert wurden, entwickelte sich eines der wildesten Feste, das wir je auf einer Rückreise gefeiert haben.                 Tony Martin

*) Damals durfte noch mit Lachseier geangelt werden und das Tageslimit betrug: 2 Königslachse über 70 cm und ein Jack (kleiner 70 cm).

Der Silberdollar

Irgendeines Tages lernte ich bei einem Empfang einen liebenswürdigen älteren Herrn kennen, gekleidet in einem schwarzen Samtveston und blütenweissen Hemd. Beim Small Talk kamen wir auch auf das Thema Reisen zu sprechen. Er entpuppte sich als begeisterter USA-Fan. Anstelle der üblichen Krawatte trug er eine Bola Tie (Schnürsenkel-Krawatte). Mein Augenmerk richtete sich auf die Brosche. Was ist denn das? Täusche ich mich? Nein, es ist ein alter Silberdollar, fein säuberlich in Altsilber gefasst. Der Adler scheint mit seinen ausgebreiteten Schwingen zum Abflug bereit. Sehr chic! Der Mann hat Geschmack.

Auf dem Heimweg fragte ich mich, warum ich noch nie auf den Gedanken gekommen bin, mich in Alaska nach einem Silberdollar umzusehen? Plötzlich erinnere ich mich an die Westernfilme, wo smarte Cowboys im Saloon lässig den Silberdollar über die Theke schnippen liessen. Beim nächsten Alaska-Aufenthalt muss ich mich unbedingt nach so einem Silberdollar umsehen.

Zwei Jahre später sind wir zu zweit in den letzten Ferientagen mit einem Land Rover auf Sightseeing-Tour. Am ersten Abend schaffen wir es gerade noch, eine Distanz von ca. 70 Meilen ab Anchorage hinter uns zu bringen. In Willow erblicken wir rechterhand im Vorbeifahren ein Motel. Da wir die letzten sieben Tage im Eskimogebiet verbracht hatten und quasi ohne Alkohol auskommen mussten, entscheiden wir uns spontan, nun gepflegt Essen und Trinken zu gehen. Wir wenden den Jeep und ergattern sogar ein Zweibett-Zimmer. Nach einer erfrischenden Dusche begeben wir uns ins Restaurant und schlemmen. Ohne Zeitdruck lassen wir es uns gut gehen. Bei vorgerückter Stunde mussten Food and Beverage bezahlt werden.

Die letzten Gäste verlassen langsam das Lokal. Ich blättere zwei Scheine hin und sage spasseshalber „Du kannst mir auch Silberdollars rausgeben.“ Das Mädchen sieht mich erstaunt an, bedauert keine zu haben. Kurz danach kommt sie mit der Frage an den Tisch zurück: „bist Du wirklich an Silberdollars interessiert?“ Auf meine bejahende Antwort holt sie ihre Kollegin. „Wie lange bleibt ihr Guys noch hier?“, wollte sie wissen. Oh, wir haben keine Eile, denn wir übernachten hier. „Okay“ meint sie, „ich fahre jetzt nach Hause und holen einen Silberdollar.“
Einige Zeit später kommt sie zurück, legt einen Silberdollar mit dem Jahrgang 1879 auf den Tisch und sagt: „den schenk ich dir.“ Ich glaubte nicht richtig verstanden zu haben. Ob meinem ungläubigen Gesichtsausdruck begann sie zu lächeln und fügte hinzu: „wirklich, er gehört dir.“ Ich war ab so viel Spontanität und Herzlichkeit vollkommen weg. Keine Möglichkeit, ihr auch nur ein kleines Entgelt für die Benzinkosten aufzuschwatzen. Gerührt bedank ich mich sehr herzlich bei ihr. Ihren Namen habe ich vergessen, aber das Erlebnis lebt in meiner Erinnerung.                            Tony Martin  

Anmerkung

Flowing Hair Type
Draped Bust Type (small eagle revers)
Draped Bust Type (heraldic eagle revers)
Gobrecht (seated Liberty revers)
Liberty Seated Type
Trade Dollar
Morgan (Liberty head)
Peace

1794 - 1795
1795 - 1798
1798 - 1804
1836 - 1839 
1840 - 1873
1873 - 1885
1878 - 1921
1821 - 1935

 

 

 

 

  

Abhängig vom Prägejahr/Stückzahl und Zustand der Münze sind die Preise sehr unterschiedlich.
Übrigens: Das Wort „Dollar“ ist vom deutschen Taler abgeleitet