Wild West am Lake Creek (AK)

Breakup 2010 (Aufbrechen des Eises)

Es ist April, langsam schmilzt der Schnee weg und das Eis auf den Gewässern beginnt langsam sich zu verändern. Was einmal weiss war,  wird nun langsam grau, die Eiskristalle füllen sich mit Wasser. Jetzt heisst es aufgepasst beim Betreten des Eises und nur noch wenige Trails sind mit dem Snowmobile befahrbar. Kaum noch Einer wagt sich auf längere Fahrten, es wird ruhig am Lake Creek und an den Fish Lakes. Bald einmal ist man abgeschnitten von der übrigen Welt bis dann endlich wieder der See oder die Flüsse mit Booten befahrbar sind.

In dieser Stille verhallen plötzlich Gewehrsalven, erst Einzelschüsse, dann Serienfeuer aus automatischen Waffen. Wer das wohl sein kann frage ich mich, denn eigentlich sollte sich weit und breit niemand mehr in meiner Nähe aufhalten. Naja es wird irgendein Verrückter sein, der seine Schiessübungen absolviert und der sich gelangweilt fühlt. Die Nacht war dann ruhig und eigentlich hatte ich schon vergessen was tags zuvor geschah, als wiederum ganz in der Nähe herumgeballert wurde. Dazwischen hörte ich ein Aufheulen eines Motors, als ob Einer mit der Schneemaschine im Eis eingebrochen wäre und versuchte wieder flott zu kommen. Da muss also tatsächlich noch jemand ganz in der Nähe den Breakup abwarten.

Am andern Morgen hörte ich wieder Schüsse, diesmal allerdings etwas weiter entfernt und noch am gleichen Tag erhielt ich einen Anruf vom Lake Creek, dass zwei Typen versucht hätten in eine Cabin bei der Nothwood Lodge von Eric Johnson einzubrechen. Eric hatte diese zwei Typen überrascht und mit Schüssen verjagt. Pass auf, sagte man mir, man wisse nicht wohin sich die Kriminellen begeben haben. Gut möglich, dass sie wieder versuchen in meine Nähe zu kommen. Ok dachte ich, wird wohl nicht so schlimm sein, doch als am Abend wieder Schüsse zu hören waren, diesmal aus östlicher Richtung wurde es mir doch etwas unheimlich. Kurz darauf wieder ein warnendes Telefon: wir raten dir, die Waffen zu laden und nachts kein Licht zu machen. Toll dachte ich mir, ist das die Stille eines Breakup’s ? Ziel gut, wenn sie bei dir auftauchen und schiess erst,  wenn sie auf deinem Grundstück sind. Das ist dann Notwehr und straffrei.

Ich einen Menschen umlegen? Ein unvorstellbares Szenario für mich. Und doch wurde es mir mulmig ums Herz. Bevor die mich abknallen, setze ich mich noch zur Wehr. In Erinnerung an meine militärische Ausbildung richtete ich mich in der Hauptcabin entsprechend ein und deponierte eine zweite Waffe in der Gäste-Cabin, sozusagen als Wechselstellung. Ich hatte eine unruhige Nacht, kaum ein Auge zugetan, immer wieder der Blick aus dem Fenster wo ich das Mückengitter ausgebaut hatte um besser zu sehen und auch besser zielen zu können. Es blieb ruhig, nichts zu sehen und nichts zu hören.

Plötzlich Helikopterlärm, ein Kreisen über meiner Cabin. Dann querte die Supercup im Tiefflug den See und kreiste dann über einem kleinen Hügel am Seeausgang. Nach einer halben Stunde herrschte wieder Ruhe. Um 11 h dann ein Anruf von der Bentalit Lodge. „Es ist besser, wenn du deine Cabin verlässt und versuchst zur Fishcreek Lodge von Dan und Julie zu gelangen“ (ca. 1½ h Fussmarsch)." Man hat die beiden Gangster lokalisiert in unmittelbarer Nachbarschaft zu dir und will in der kommenden Nacht oder schon in der Dämmerung diese Typen fassen. Dies soll mit Helikoptern geschehen, da der Zugang zu Fuss und mit Kanu zu schwierig sei".

Okay dachte ich mir, nur wie komme ich zu Dan und Julie. Die Schneemaschine oder ein Boot kann ich nicht mehr benützen und der Weg zu Fuss über den Hügel dürfte zu beschwerlich werden, denn im Wald lag immer noch viel Schnee und ein Gewässer wäre auch noch zu überqueren. Ein Telefon mit Dan hat dann zu einer Lösung geführt. So ging ich zu Fuss, Gewehr geschultert und nur mit meinen persönlichen Wertsachen etwa eine halbe Stunde durch den Wald, bis ich dann an den schon offenen Creek kam, wo mich Dan per Kanu abholte. Gegen den Wind und strömenden Regen kämpften wir uns flussaufwärts bis zur Lodge. Patschnass aber glücklich in Sicherheit zu sein.

Die Nacht war ruhig, nichts von einem Helikopter Angriff zu hören. Geschlafen hatten wir nicht viel, jeder ging seinen Gedanken nach. Erst am Nachmittag, es war inzwischen 4 h rief uns die Bentalit Lodge an und teilte uns mit, dass man die beiden Kriminellen gefasst habe. Die Troopers hatten es vorgezogen, doch zu Fuss und per Kanu an die Hütte der beiden zu gelangen und hatten diese dort überrascht. In Handschellen hatte man diese dann vor der Bentalit Lodge an Bäume gefesselt und für einige Zeit den ersten Moskitos ausgesetzt.

Es hat sich dann später herausgestellt, dass die beiden Gangster in über 30 Cabins eingebrochen sind und alle Waffen und Munition gestohlen hatten, die sie finden konnten. Zwei Cabins haben sie verwüstet und bei anderen Cabins die Einrichtungen mit automatischen Waffen zerschossen. Mindestens eine Schneemaschine versenkt und zwei "Fourwheeler" unbrauchbar gemacht. 

Die Beiden kamen vorbestraft von Florida und wollten sich in Alaska verstecken. In einem Outdoor-Geschäft haben sie sich die Ausrüstung zusammen gekauft und ein Verkäufer hatte ihnen dort auch noch die Cabin in meiner Nähe vermittelt. Mit Rust (Flugservice) sind sie dann an die Fish Lakes geflogen, wo sie sich sicher fühlten und dachten, sich hier für einige Zeit aufhalten zu können. Die Identität der Beiden hatte die Polizei relativ rasch herausgefunden ..., sie hatten alles per Kreditkarte bezahlt. In der Zeitung war später zu lesen, dass Beide für etwa 15 Jahre Gefängnis gut seien, dies nicht zuletzt auch wegen ihrer Vorstrafen aus den Lower States.

Dann war es wieder ruhig an den Fish Lakes. Prachtvolles Wetter liess das Eis schmelzen und am 8. Mai war der See eisfrei und ich wieder per Boot und Wasserflugzeug erreichbar. Trotz allem, es war ein schöner Breakup.
 
Whitey