Ölbohrungen in der Arktis

Shell stellt Ölbohrungen in der Arktis ein
Tagesschau.de – 29. September 2015

Tschuktschen-See
Überraschend teilte der Konzern am Montag mit, nach enttäuschenden Probebohrungen in der Tschuktschen-See vor der Küste Alaskas "für die absehbare Zeit" auf Bohrungen im Eismeer zu verzichten.

"Shell entdeckte Hinweise auf Öl und Gas, aber diese sind nicht ausreichend, um eine weitere Exploration zu rechtfertigen", heißt es in einer Erklärung, die Marvin Odum, Präsident von Shell USA herausgab. Shell sehe zwar weiterhin wichtiges Explorationspotenzial in diesem Bereich des Arktischen Ozeans, und das Gebiet werde vermutlich strategische Bedeutung für Alaska und die USA haben, heißt es bei Shell.

Infolge mangelndem Erfolg und zu hoher Kosten sowie den unvorhersehbaren gesetzlichen Umweltbestimmungen für das Gebiet vor der Küste Alaskas wurden die umstrittenen Ölförderpläne in der Arktis gestoppt.
Der Rückzug Shells bezieht sich nicht nur auf die Bohrungen in der Tschuktschen-See, die zwischen Alaska und Sibirien liegt. "Shell wird weitere Explorationen in Offshore-Alaska für die absehbare Zeit aufgeben", erklärte das Unternehmen. Damit wird Shell auch in der angrenzenden Beaufort-See vor der Küste Alaskas, wo das Unternehmen ebenfalls Lizenzen für Probebohrungen hat, nicht nach Öl und Gas suchen.

Umweltschützer feierten die Shell-Entscheidung als großen Erfolg ihrer Kampagnen, die Arktis vor riskanten Ölbohrungen zu schützen. Sie fordern nun den endgültigen Verzicht auf Ölexploration im Eismeer. Die Mitteilung von Shell ist für alle Beobachter eine Überraschung, denn Shell hat bis zuletzt die Bedeutung der potenziellen Öllagerstätten im Eismeer betont. Die Probebohrungen etwa 150 Kilometer von der Küste entfernt in lediglich 50 Meter Wassertiefe verliefen aber offensichtlich so enttäuschend, dass der Konzern nicht weiteres Geld investieren will.

 

Barack Obama schlägt Klima-Alarm bei Arktis-Reise
(BZ 03.09.2015)
US-Präsident für drei Tage fast am Polarkreis / Geopolitik steht Umweltschutz oft entgegen

Anchorage. Dies war eine Reise auf dünnem Eis. Der Klimawandel ist eines der dringendsten Probleme der Erde, in Alaska sind seine Folgen besonders augenfällig. Barack Obama will sich selbst vor Ort ein Bild machen. Und er schlägt Alarm- einerseits. Auf der anderen Seite führt der US-Präsident eine der grössten Volkswirtschaften, deren Hunger nach Rohstoffen schier unersättlich ist. Zudem sind mit der Arktis massive geopolitische Interessen verbunden. Das reibt sich.

Dabei war die Choreographie des Weissen Hauses für diese Reise minutiös. Zunächst eine markige Rede gegen den Klimawandel in Anchorage. Fast apokalyptisch formulierend warnt Obama vor dem Klimawandel. Fantastische Bilder Obamas, cool pilotenbebrillt vor eisblauer Gletscherkulisse. Problem: Die satte Inszenierung stösst sich hart an nackter Interessenpolitik. Nirgendwo schreitet die Erderwärmung schneller voran als in der Arktis. Jeden Tag verliert Alaska ein fussballfeldgrosses Stück Land an das Meer. Ganze Ortschaften sind bedroht. Aber dieses schmelzende Eis bedeutet auch mehr Schifffahrt, mehr Fischerei, mehr Tourismus. Mehr Geld.

Und so will Obama mehr Eisbrecher, um die arktische See besser zu erschliessen. Viel besser. Die USA hätten nur zwei solcher Eisbrecher im Einsatz, sagt er kühl, die Russen hätten 40, davon elf in der Arktis. „Unbedingt müssen wir uns auf mehr Verkehr in der Arktis vorbereiten.“ Darüber solle nun der Kongress befinden. Dort haben die Republikaner die Mehrheit, und die werden sich freuen über dieses Danaergeschenk des Präsidenten. Die Arktis: Das ist ein hochsensibles Ökosystem voller Rohstoffe. Die Projektion in Europa gefertigter Landkarten bringt es mit sich, dass Russland meist ganz rechts aussen liegt und Alaska am ganz linken Rand. Tatsächlich sind Russen und Amerikaner hier Nachbarn. Besorgt sehen die USA die Russen in der Arktis Basis um Basis bauen, praktisch mitten in ihrem kalten Vorgarten, und nun rüsten sie sich.

Wenn es um gigantische Ölfelder geht, wird der Klimawandel eine untergeordnete Rolle spielen. Dafür sind die USA, die jüngsten Erfolge aus dem Gewinn von Schiefergas („Fracking“) hin oder her, viel zu sehr auf Energienachschub angewiesen. „Obama ist ein klimapolitischer Hochstapler“, schimpft die Webseite „Motherjones“. Umweltschützer waren hellauf entsetzt über die jüngste Erlaubnis der US-Regierung für Shell, in der Arktis zu bohren. Die Republikaner sehen das natürlich komplett anders. Obama tue (auch hier) noch viel zu wenig für Amerika.

Die Inuit aus dem Dorf von Shishmaref (1), fast am Polarkreis, erleben den Klimawandel am eigenen Leib. Das Dorf wird es bald nicht mehr geben. Kosten einer möglichen Umsiedlung: 300.000 Dollar pro Einwohner. In Kotzebue (160 Kilometer nördlich, 3200 Einwohner) überlegen sie dennoch, eine Mauer zu bauen gegen die steigende See. Kosten: 34 Millionen Dollar.

Die spektakulären Bilder können die scharfen Gegensätze dieser Präsidentenreise nicht überdecken.

(1) siehe auch: News/Infos > Klimawandel > Dorf Shishmaref

 

IWR (Internationales Wirtschaftsforum Regenerative Energien)

18.08.2015

Hochriskant: Shell darf in der Arktis nach Öl bohren

Washington D.C. – Das US-Innenministerium erteilt dem britisch-niederländischen Ölkonzern Shell -unter strengen Sicherheitsauflagen - erneut die Genehmigung für Ölbohrungen vor der Nordwestküste Alaskas. Shell hatte bereits zuvor in der ölreichen Tschuktschensee zwischen Russland und Alaska nach Öl gebohrt. Die Erlaubnis hierfür war Shell allerdings 2012 entzogen worden, nachdem sich die Bohrplattform Kulluk während des Transports nach Vancouver in einem schweren Sturm vom Schlepper losriss und schliesslich an der Küste strandete.

Shell setzt sich seit Jahren für eine erneute Bohrgenehmigung ein, da ein grosser Teil der weltweiten Öl- und Gasvorkommen in der Arktis liegen sollen. Der Geologische Dienst der USA (USGS) schätzte 2008, dass sich 13 Prozent des bisher unentdeckten aber mit derzeitiger Technik erreichbaren Öls und 30 Prozent des unentdeckten aber erreichbaren Erdgases nördlich des Polarkreises befänden.

Trotz der neuen Auflagen befürchten Umweltschützer eine Störung des Ökosystems und eine generelle Gefahr für die Umwelt. Im Falle eines Lecks sei es unmöglich, schnell genug die notwendige Technik und Einsatzkräfte in die Region zu bringen. Selbst das Bureau of Ocean Energy Management (BOEM), das ebenfalls zum US-Innenministerium gehört, schätzt das Risiko erschreckend hoch ein. In dem untersuchten Szenario könne demnach ein schwerer Ölunfall in der Region mit einer Wahrscheinlichkeit von 75 Prozent eintreten.